Die verpasste Chance auf dauerhaften Frieden in Europa?

 

 WELT-Autor Alan Posener hat sich das nach fast 24 Jahren noch einmal das damals viel beachtete so genannte "Schäuble-Lamers-Papier" angesehen. In diesem warnten Wolgang Schäuble und Karl Lamers u.a. vor einem „regressiven Nationalismus“ als Folge einer „äußeren Bedrohung wie der Migration“. Wörtlich steht in dem lesenswerten Papier:

 

„Der europäische Einigungsprozess ist an einen kritischen Punkt seiner Entwicklung gelangt. Wenn es nicht gelingt, in den nächsten zwei bis vier Jahren eine Lösung für die Ursachen dieser gefährlichen Entwicklung zu finden, dann wird die Union sich unaufhaltsam zu einer lockeren, im Wesentlichen auf einige wirtschaftliche Aspekte beschränkten Formation mit verschiedenen Untergruppierungen entwickeln. Mit einer solchen ‚gehobenen‘ Freihandelszone wären die existenziellen Probleme der europäischen Gesellschaften und ihre äußeren Herausforderungen nicht zu bewältigen.“

 

Die Antwort auf diese drohende Entwicklung war damals, dass Europa zu einem Bundesstaat zusammenwachsen sollte. Nur so wäre diese drohende Entwicklung - nach der Lesart von damals - aufzuhalten gewesen. Wie wir heute leider wissen, konnten sich die "Föderalisten", zu denen ich mich auch zähle, nicht durchsetzen und stattdessen blieb die Grundsatzentscheidung ewig offen, ob ein "europäischer Bundesstaat" oder ein "europäischer Staatenbund" angestrebt werden soll. Statt diese wichtige Entscheidung zu treffen, wurde fleissig die EU erweitert, wobei einige der neu dazugekommen Staaten mehr das eine, die anderen mehr das andere anstrebten und anstreben. Der Brexit - das soll noch erwähnt werden - ist nebenbei ebenso eine Folge dieser Nichtentscheidung. Hätte man sich damals schon für einen europäischen Bundesstaat entschieden, wäre Großbritannien schon längst nicht mehr Teil der EU. Wäre es hingegen auf einen lockeren Staatenbund hinausgelaufen, wäre es höchstwahrscheinlich nicht zu einem Brexit gekommen.  

 

In dem sehr lesenswerten Artikel von Alan Posener wird fast schon resignierend festgestellt: 

 

"Unter Angela Merkel ist aus der EU das geworden, was Schäuble und Lamers als Schreckgespenst an die Wand malten: Ein zunehmend auf „intergouvernementale Zusammenarbeit beschränktes“ Gebilde mit „Tendenzen eines Europa à la carte“. Regionalhilfe: gern. Flüchtlinge: nein, danke. Griechenland den Haushalt diktieren: gern. Die eigenen Gaspipelines europäischer Kontrolle unterstellen: nein, danke. Und so weiter und so fort."

 

Traurig, erschreckend und was für eine verpasste Chance....

 

Helmut Kohl sagte damals, "dass wir nur dann dauerhaft Frieden in Europa schaffen können, wenn die Grenzen abgeschafft, nationale Armeen aufgelöst und eine europäische Solidarität sowie ein föderales demokratisches System in Europa eingeführt würde". Der EURO war für ihn nur ein weiterer Zwischenschritt zu diesem Ziel, für welches damals so viele Mitstreiter gewonnen werden konnten. Wo sind diese nur alle hin? Oder genauer gefragt: Wer hat das "Europäische Feuer" gelöscht? Die ehemaligen Mitstreiter sind ja teilweise noch da. Sie scheinen sich jedoch an diese großartige Vision nicht mehr zu erinnern!

 

Auf jeden Fall geht mein Dank an den Autor Alan Posener, der diesen bemerkenswerten Artikel in der WELT am 17. Mai 2018 geschrieben hat.

 

 

Quellen:

1. Schäuble-Lamers-Papier vom 01.09.1994: https://goo.gl/eY14Pe

2. Artikel von Alan Posener vom 17.05.2018 in der WELT: https://www.welt.de/176415910

 

 

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